Skip to main content
Finanzbuchhaltung

Kryptowährungen und ihre bilanzielle Behandlung: OR, Swiss GAAP FER und IFRS im Vergleich

By 20. November 2023Februar 15th, 2024No Comments

Co-Author: Timea Nagy, LL.M, CIPP/E Senior Legal Counsel

Die steigende Beliebtheit von Kryptowährungen wie Bitcoin (BTC), Ethereum (ETH), Tether (USDT), Binance (BNB), Ripple (XRP), Solanca (SOL) hat zu neuen Herausforderungen im Bereich der Rechnungslegung und Besteuerung geführt.

Sowohl das Schweizer Obligationenrecht (OR) als auch die Swiss GAAP FER und die International Financial Reporting Standards (IFRS) bieten Leitlinien für die Behandlung von Kryptowährungen in der Buchführung von Unternehmen.

Definition von Kryptowährungen

In der Schweiz umfassen Kryptowährungen eine Reihe von digitalen Vermögenswerten, die innerhalb des sich entwickelnden rechtlichen und regulatorischen Rahmens des Landes anerkannt sind. Während das Schweizer Recht keine spezifische Definition für Kryptowährungen enthält, definiert die revidierte Bundesverordnung über Banken und Sparkassen „kryptobasierte Vermögenswerte“ als Vermögenswerte, die in erster Linie ausgegeben werden, um als Zahlungsmittel zu fungieren oder Geld- oder Werttransfers zu erleichtern.
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) kategorisiert Token in drei Haupttypen: Payment, Utility und Asset. Zahlungs-Token, die gemeinhin als Kryptowährungen bezeichnet werden, dienen als Tauschmittel oder Wertübertragungsmechanismen. Utility-Tokens gewähren digitale Zugriffsrechte auf Dienstleistungen oder Anwendungen, während Asset-Tokens finanzielle Vermögenswerte darstellen, wie z. B. Eigenkapital- oder Schuldforderungen gegenüber einem Emittenten. Es ist wichtig zu beachten, dass Token auch in mehrere Kategorien fallen können, und es gibt hybride Token mit mehr als einer Kategorie. Darüber hinaus haben Stablecoins in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Stablecoins sind eine Art digitaler Token, die darauf ausgelegt sind, einen stabilen Wert zu erhalten. Der Wert eines Stablecoins ist in der Regel an einen Basiswert oder eine Kombination von als stabil angesehenen Vermögenswerten gekoppelt, zu denen Fiat-Währungen, Immobilien, Wertpapiere, Rohstoffe oder eine Kombination dieser Vermögenswerte gehören können.

Behandlung von Kryptowährungen nach dem Schweizer Rechnungslegungsrecht (OR)

Gemäss dem Schweizer Obligationenrecht (OR) müssen Unternehmen ihre Vermögenswerte in der Buchführung erfassen und bewerten. Die Kommission für Rechnungslegung der EXPERTsuisse hat Empfehlungen zur Behandlung von Kryptowährungen veröffentlicht. Laut EXPERTsuisse erfüllten solche Währungen die Aktivierungsvoraussetzungen nach Art. 959 Abs. 2 OR und sollte daher aktiviert werden.

Klassifizierung von Kryptowährungen nach dem OR

Die Klassifizierung von Kryptowährungen in der Bilanz hängt von der Haltedauer und dem Zweck des Bestands ab. Wenn das Unternehmen Kryptowährungen mit kurzfristiger Absicht hält, können sie als separate Position „Wertschriften“ im Umlaufvermögen oder als Teil der Position „andere kurzfristige Aktiven mit Börsenkurs“ angezeigt werden. Wenn das Unternehmen jedoch beabsichtigt, die Kryptowährungen langfristig zu halten, sollten sie als Wertschriften unter den Finanzanlagen bilanziert werden. Eine weitere mögliche Bilanzposition, wenn auch nicht von EXPERTsuisse empfohlen, sind die immateriellen Werte gemäss den internationalen Rechnungsstandards (IFRS).

Bewertung von Kryptowährungen nach dem OR

Unabhängig von der Bilanzklassifizierung besteht für die Bewertung von Kryptowährungen ein Wahlrecht. Die Kryptowährung kann unabhängig von ihrer Bilanzklassifizierung entweder zu Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzüglich Wertminderung oder zu beobachtbaren Marktpreisen in einem aktiven Markt gemäss Art. 960b des Schweizerischen OR angesetzt werden. Die Bewertung erfolgt auf Basis von Anschaffungskosten / dem Niederstwertprinzip, da Kryptowährungen keinem nutzungs- und altersbedingten Wertverlust unterliegen. Wertberichtigungen sind jedoch bei „anderweitigen Wertverlusten“ vorzunehmen, wenn der Marktwert unter dem Anschaffungs- bzw. bisherigen Buchwert liegt. Alternativ können sowohl die Bewertung der Eidgenössischen Steuerverwaltung als auch die Berücksichtigung der tatsächlichen Transaktionskurse auf Handelsplätzen / Crypto Börsen (z.B. Binance, Coinbase Exchange, Kraken, OKX) die für das Unternehmen relevant sind, in Betracht gezogen werden.

Behandlung von Kryptowährungen nach Swiss GAAP FER

Swiss GAAP FER bietet keine spezifischen Regelungen zur Behandlung von Kryptowährungen in der Buchführung. Es wird empfohlen, den wirtschaftlichen Gehalt von Kryptowährungen sowie den True and Fair View zu berücksichtigen.

Klassifizierung von Kryptowährungen nach Swiss GAAP FER

Die Zuordnung von Kryptowährungen zu Bilanzpositionen nach Swiss GAAP FER gestaltet sich unterschiedlich. Beispielsweise können Kryptowährungen nicht als flüssige Mittel betrachtet werden, da sie nicht die Kriterien für geldähnliche Mittel erfüllen. Forderungen sind problematisch, da weder Emittenten noch Nutzer dazu verpflichtet sind. Auch die Klassifizierung als immaterielle Werte gemäss Swiss GAAP FER scheitert aufgrund von Aktivierungskriterien und sachlicher Abgrenzung.
Eine Zuordnung zu Vorräten könnte für Unternehmen, die Kryptowährungen als Hilfsmittel für ihre Leistungen nutzen, möglich sein. Allerdings gestaltet sich die Bewertung nach aktuellen Marktpreisen aufgrund der starken Kursvolatilität als herausfordernd. Wertschriften könnten als angemessene Bilanzposition dienen, wenn Kryptowährungen zu aktuellen Werten bilanziert werden, obwohl dies bei variierenden Marktwerten zu Problemen führen kann.

Bewertung von Kryptowährungen nach Swiss GAAP FER

Auch bei der Bewertung von Kryptowährungen nach Swiss GAAP FER gibt es keine spezifischen Vorschriften. Unternehmen haben die Wahl zwischen Anschaffungskosten abzüglich Wertbeeinträchtigungen oder Bewertung zum aktuellen Wert. Die Wahl der Bewertungsmethode sollte auf einer objektiven Schätzung basieren und den True and Fair View widerspiegeln.

Behandlung von Kryptowährungen nach IFRS

Die International Financial Reporting Standards (IFRS) haben bisher keine spezifischen Rechnungslegungsstandards für Kryptowährungen veröffentlicht. Daher sollte die Behandlung von Kryptowährungen nach IFRS auf der Grundlage des sogenannten „Professional Judgement“ erfolgen.
Die Bilanzierung von Kryptowährungen gemäss den IFRS-Richtlinien gestaltet sich anders als bei nationalen Gesetzen wie dem Schweizer Obligationenrecht oder den Standards des Swiss GAAP FER. Es fehlt an einer klaren Definition für Kryptowährungen im Rahmen der Liquidität, um sie als flüssige Mittel zu klassifizieren. Kryptowährungen werden nicht als Forderungen betrachtet, da sie nicht einklagbar sind, und könnten sachgerecht als Vorräte bilanziert werden, insbesondere wenn sie für den Weiterverkauf gehalten werden. Die bilanzielle Behandlung als Vorräte oder immaterielle Werte ist möglich, wobei die Bewertung zu beobachtbaren Marktpreisen unter Berücksichtigung von Amortisationen und Wertminderungen erfolgen kann.

Fazit

Die Entwicklung von Kryptowährungen stellt Unternehmen vor Herausforderungen in der Rechnungslegung. Die korrekte Klassifizierung, Bewertung und Offenlegung erfordern ein Verständnis der regulatorischen Rahmenbedingungen und Rechnungslegungsgrundsätze. Unternehmen in der Schweiz sollten ihre Bilanzierungspraktiken regelmässig überprüfen und anpassen, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Entwicklungen und gesetzlichen Anforderungen entsprechen.

Die Experten der Alpinum Accounting stehen Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Yves Maurer

Yves Maurer, Geschäftsführer

Erstgespräch buchen
Finanzbuchhaltung
Lohnbuchhaltung
Jahresabschluss
Firmengruendung
Steuern
Rechtsberatung